Mit ruhiger Hand hebt der Charakter die Waffe und eröffnet das Feuer auf digitale Gegner. Zunächst einmal keine ungewöhnliche Szene für einen Ego-Shooter. Was aber, wenn die Waffe nicht auf Feinde, sondern auf wehrlose Flughafengäste gerichtet wird? Was wenn diese schreiend um ihr Leben rennen während ein Großteil der Menge im Kugelhagel stirbt? Ist dies die obere Grenze künstlerischer Freiheit oder geht es weit darüber hinaus?
Wir alle haben die Debatte rund um vermeintliche „Killerspiele“ und deren Auswirkung auf die Psyche junger und alter Spieler mehr oder weniger interessiert verfolgt. Stets ging es dabei um Anschuldigungen über angebliche Gewaltverherrlichungen in diversen Konsolen und PC Titeln und stets konnten die meisten Vorwürfe recht schnell als haltlos oder überzogen abgetan werden.
Nicht so im neuen Teil der „Call of Duty“ Reihe „Modern Warfare 2“ aus dem Hause Activision Blizzard. In einer recht frühen Mission des Spiels, versucht man als Undercover Agent in ein russisches Terrornetzwerk eingegliedert zu werden. Diese plant nun ein Attentat auf einen russischen Flughafen um so einen Konflikt zwischen den USA und Russland zu provozieren.
In der deutschen Version des Spiels beginnt die Mission mit der Frage, ob man diese lieber überspringen möchte, oder eventuelle „anstößige“ Inhalte in Kauf nimmt. Es wird noch darauf hingewiesen, dass man das Spiel auch ohne diese Mission beenden kann.
Führen wir uns das einmal vor Augen: Der Spieler wird vor die Wahl gestellt, ob er Inhalte eines ohnehin schon kurzen Spieles, welches er teuer erstanden hat, auslassen möchte oder sie doch spielt, auch wenn sie evtl. anstößig sein könnten.
Zur Neugier kommt also auch noch ein finanzieller Aspekt und es fällt schwer, sich vorzustellen, dass wirklich viele Spieler sich gegen das Spielen dieser Mission entscheiden.
All jene welche, entgegen der eben aufgestellten Prognose, die Mission auslassen, dürfen sich glücklich schätzen. Ihnen bleibt der Anblick eines ausgedehnten Massakers an einem Flughafenterminal erspart. Alle anderen Besitzer der deutschen Version, dürfen nun tatkräftig das Sicherheitspersonal ausschalten, während die Komplizen den Zivilisten mit Sturmgewehren den Garaus machen. Eröffnet man selbst das Feuer auf die Menge, wird die Mission mit dem Hinweis: „Sie haben einen Zivilisten getroffen, Vorsicht beim Feuern!“ abgebrochen. In der Internationalen Version hingegen darf man ohne Weiteres auf die Menschenmassen feuern und wird dafür in keinster Form zurechtgewiesen.
Wer das für eine akzeptable Lösung hält, dem sei gesagt, dass der bloße Anblick der fliehenden und schreienden Mengen ohnehin vollkommen ausreicht. Der schon kalte Schauer, der so manchem nach den ersten Sekunden der Mission wohl über den Rücken laufen wird, mag wohl zu Eis gefrieren, wenn man im weiteren Verlauf an Verwundeten vorbeigeht, welche wimmernd versuchen ihre Leben zu retten.
Der Charakter und die ihn begleitenden Nicht-Spieler-Charaktere bleiben bei diesem ganzen Blutbad vollkommen kühl. So entziehen die Entwickler sich zwar der Frage nach ihrer eigenen Bewertung dieser Szene, das selbstgesetzte Ziel wird dadurch aber nicht erreicht. Bei Activision Blizzard heisst es nämlich: „Im Kontext der Story illustriert diese Szene die Bösartigkeit und Kaltblütigkeit eines russischen Terroristen und seiner Handlanger.“
Dieses Ziel hätte man wohl eher erreicht, wenn man die Szene als Zwischensequenz hätte ablaufen lassen oder das Ganze aus der Sicht eines Opfers spielbar gewesen wäre.
Ein Sinn in dieser Form der Gewaltdarstellung bleibt also schwer erkennbar. Dies wirft die Vermutung auf, dass die Entwickler sich hier der simpelsten Methode bedient haben um ihr Spiel ins Gespräch zu bringen. Sie brechen Tabus. Gewalt an sich ist zwar kein neues Terrain in der Welt der Computerspiele. Wurde bisher aber etwas distanzierter und feinfühliger angegangen. So kann man beispielsweise in Spielen wie GTA4 ebenso Gewalt gegen Zivilisten ausüben. Hier steht dies aber erstens nicht im Vordergrund, und zweitens versucht Publisher Rockstar Games hiermit Kritik an herrschenden sozialen Verhältnissen zu üben. Kriminalität wird hier in einer langen Story zwar nicht legitimiert, aber immerhin begreifbarer gemacht.
Es bleibt also zu sagen, dass es Activision Blizzard zwar offensichtlich gelungen ist, sich mit den Inhalten von Call of Duty: Modern Warfare 2 ins Gespräch zu bringen. Meines Erachtens nach, hätte ein ansonsten so gelunges Spiel wie dieses, so etwas aber nicht nötig gehabt. Hier wird scheinbar aus PR Gründen provoziert ohne über die Konsequenzen für einzelne Personen und die Spielebranche im ganzen nachzudenken. Es ist immer gut Grenzen auszuloten. Wenn dabei aber nicht die Botschaft sondern der Marktwert von kreativen Medien im Vordergrund steht, so kann das Ganze nur nach hinten losgehen!
Ein Kommentar von Hauke Gerdes
Dienstag, 15. Dezember 2009
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2 Kommentare:
Interessant!! Also mus sagen das Spiel macht echt Spaß vor allem im Multiplayer aber die eine Mission ist echt krank, vor Allem wenn man selber spielt. Geil erster :)
Fand den Multiplayer wie gesagt auch am ansprechendsten!
Weil du erster bist, lass ich mir noch ne Hammer Überraschung für dich einfallen :D
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